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Die größten Fehler während der Hochzeitsplanung 

Die Organisation eures Hochzeitstages kann eine echte Zerreißprobe für die Liebe sein. Denn dieses emotionale Thema birgt so einige Tücken, die bei Paaren auch Streit auslösen können. Wir haben mit dem Psychotherapeuten Umut C. Özdemir darüber gesprochen.

Umut C. Özdemir ist Psychotherapeut, Paar- und Sexualtherapeut sowie Dozent. Seit 2014 arbeitet er mit dem Schwerpunkt Sexualität, mittlerweile in seiner eigenen Praxis. Er doziert in der Ausbildung Psychotherapie und klärt über Instagram & TikTok auf. 2021 hat er die IN*TEAM Beziehungskiste für Paare herausgebracht.

Die größten Fehler während der Hochzeitsplanung

Warum streiten sich Paare in der Zeit der Hochzeitsvorbereitungen?

„Wir sind Individuen und haben eigene Vorstellungen, Wünsche und Ideen. Da wäre es fast seltsam, wenn man sich immer zu hundert Prozent einig wäre. Manche kennen das eventuell vom Zusammenziehen. Der Unterschied ist aber, dass für einige Paare bei der Hochzeit alles möglichst perfekt sein sollte. Dadurch ist der Druck extrem hoch und es explodiert leichter.“

Ein Klischee: Eine Person entscheidet alles, die andere behält das Budget im Blick, fühlt sich irgendwann aber ausgeschlossen. Wie kann man das vermeiden?

„Die Hochzeit ist der Tag des Paares, nicht nur der Person, die alles entscheidet. Daher finde ich es nachvollziehbar, dass man sich ausgeschlossen fühlt. In der eigenen Wahrnehmung ist man quasi die lebende Kreditkarte. Fürs Bezahlen ist man gut genug, aber um mitzuentscheiden nicht. Ganz spontan würde ich das Paar fragen: ‚Gibt es bestimmte Aspekte, die euch persönlich sehr wichtig sind und solche, bei denen ihr offen für Vorschläge seid?‘ Es kann nämlich sehr gut sein, dass der bezahlende Part sich involviert genug fühlt, wenn die Wünsche in einem bestimmten Bereich berücksichtigt werden, zum Beispiel beim Essen, den Getränken oder der Deko. Vielleicht gibt es Lieblingsblumen, die zum restlichen Konzept passen? Oder die Person möchte unbedingt einen Mitternachtssnack? Letztendlich geht es darum, dass wir alle ernst genommen werden wollen.“

Was ist dein wichtigster Tipp, um während der Hochzeitsplanung nicht zu streiten?

„Wir sollten nicht nur die Wünsche der anderen Person berücksichtigen, sondern auch ehrliches Feedback geben dürfen. Natürlich ist es eher ein Rezept für Desaster, wenn ich etwas als ‚hässlich‘ bezeichne; Feedback lässt sich auch anders geben. Es kann helfen, im Vorfeld zu entscheiden, dass jede Person ein Veto hat – das muss dann bei der Planung berücksichtigt werden.“

Viele Paare fühlen sich durch Verwandtschaft oder Freunde unter Druck gesetzt. Wie kommuniziert man, dass man keine Einmischung wünscht?

„Das genaue Ausmaß muss jedes Paar für sich entscheiden – es gibt Paare, die möchten absolut keine Einmischung und es gibt Paare, die möchten in bestimmten Bereichen keine Einmischung, aber in anderen Bereichen berücksichtigen sie die Meinung der (Schwieger-)Eltern. Typischerweise ist das zum Beispiel beim Hochzeitskleid so, dass manche Bräute durchaus an ihre Verwandtschaft denken und darum vielleicht ein anderes Hochzeitskleid wählen als eigentlich gedacht. Wo bin ich bereit, Kompromisse einzugehen und bei welchen Themen nicht? Dann führt kein Weg drumherum als es direkt anzusprechen. Idealerweise in einer ruhigen Minute, vielleicht bei einem Essen oder Kaffee und nicht gerade vor anderen Menschen.“

Und wenn sich die Familie an den Kosten der Hochzeit beteiligt?

„Dann wird es um ein Vielfaches komplizierter. Viele Menschen gehen davon aus, dass sie wegen der Finanzierung ein Mitspracherecht haben – da kann es krachen! Eine Finanzierung der Hochzeitsfeier ist im Prinzip ein Geldgeschenk. In dem Moment, in dem ich mein Geschenk überreiche, kann ich nicht beeinflussen, was damit gemacht wird. Damit muss ich leben oder kein Geschenk machen. Als Braut oder Bräutigam würde ich folgende Rückmeldung geben: ‚Ich respektiere eure Meinung und freue mich, dass ich euch so viel bedeute, dass ihr an diesem wichtigen Tag mitentscheiden möchtet. Mehrere Köpfe können mehrere Dinge berücksichtigen! Ich möchte aber auch, dass die Hochzeit uns als Paar repräsentiert. Daher würde ich mich freuen, wenn wir die Hochzeit zu zweit planen könnten.‘ Wenn die Einmischung trotzdem nicht abnimmt und die Finanzierung durch (Schwieger-)Eltern eine Rolle spielt, würde ich mir überlegen, ob ich die Hochzeit selber finanziere, ein paar Abstriche mache, aber dafür auch nicht das Gefühl habe, jemanden berücksichtigen zu müssen. Im Prinzip erkauft man sich durch die Abstriche Ruhe.“

Auch die sozialen Medien erhöhen den Druck auf Hochzeitspaare – alles muss perfekt sein! Wie geht man am besten damit um?

„Social Media sind Segen und Fluch zugleich. Während wir früher nur Eindrücke von den Hochzeiten hatten, auf denen wir eingeladen waren, sehen wir jetzt von allen möglichen Menschen die Hochzeitsfeiern. Und manche wollen gerne übertrumpfen, was andere gemacht haben. Es soll noch besser, hübscher oder feierlicher werden. Wir müssen uns aber klar machen, dass es Perfektion nicht gibt. Es wird immer irgendetwas geben, was nicht ganz glatt läuft. Warum feiert man diese Hochzeit? Damit alle es auf Instagram posten können und ich für meine bis-ins-Detail-durchgeplante Hochzeit bewundert werde? Oder ist der Sinn, dass ich mit den mir wichtigsten Menschen unsere Liebe feiere und einen hoffentlich spaßigen, angenehmen Tag verbringe?“

Hast du Tipps zum Ausgleich für die Paare, die Stress bei der Planung empfinden?

„Ausgleich ist leichter zu schaffen, je weiter in der Zukunft die Hochzeit liegt. Kurz vorher hat man in der Regel den meisten Stress und ist zusätzlich auch nervös, freudig-aufgeregt vielleicht auch ein bisschen wehmütig. Generell würde ich sagen: Wer es sich leisten kann, sollte sich Unterstützung durch Wedding-Planner holen. Als Paar sollte man Zeit einplanen, die man ohne Planungsaufgaben verbringt. Zeit, in der man keine Entscheidungen für die Hochzeit treffen muss, sondern einfach Paar sein kann.“

Wie kann man Streit mit der Familie deeskalieren?

„Streitigkeiten werden immer wieder auf der Beziehungsebene ausgetragen, man bleibt nicht mehr sachlich – gerade in Familien, weil man ja logischerweise viel über die andere Person weiß. Es ist wichtig, auf der Sachebene zu bleiben. Notfalls muss man zurückmelden, dass man nicht auf der Beziehungsebene streiten wird und die Situation verlassen, wenn sich nichts ändert. Man kann auch versuchen, am nächsten Tag ein klärendes Gespräch zu suchen. Seien wir ehrlich: Wenn man gerade richtig wütend ist, ist der Kopf in der Regel nicht klar genug, um rational zu argumentieren.“

Noch ein Klischee: Die Schwiegermütter mischen sich immer ein. Ein Partner lässt es zu, der andere möchte dies nicht. Was nun?

„Meine Schwiegermutter ist die Mutter meines Partners beziehungsweise meiner Partnerin. Was würde ich mir wünschen, wie er/sie mit meiner Mutter umgehen soll? Das Paar könnte zuerst unter vier Augen sprechen. Warum wird zu allem Ja und Amen gesagt? Was ist das dahinter liegende Bedürfnis? Fühle ich mich als PartnerIn wenig wahrgenommen? Wünsche ich mir, dass er/sie hinter mir steht?“